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Es ist nicht so, dass bestimmte Diagnosen automatisch zu einem einheitlichen Grad von Erwerbsunfähigkeit führen. Entscheidend sind allein die im individuellen Fall feststellbaren, nicht überwindbaren Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung und ihre Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit.

Die gleiche Diagnose kann somit zu unterschiedlichen Beurteilungen der IV führen. Ausschlaggebend ist, ob ein Versicherter im Anschluss an Eingliederungsmassnahmen in der Lage ist, sein früheres Einkommen wieder zu erzielen. Respektive wie hoch die Differenz ist zwischen seinem Einkommen vor dem Eintritt des Gesundheitsschadens und jenem, das er nach der Durchführung von Eingliederungsmassnahmen erzielen kann.

Ein Beispiel zur Illustration:
Eine Person, die nach einer Krankheit oder einem Unfall auf einen Rollstuhl angewiesen ist, kann trotzdem ihren früheren Beruf (administrative Tätigkeit) wieder ausüben und auch das bisherige Einkommen wieder erzielen. Sie erleidet keine Erwerbseinbusse, sie ist nicht erwerbsunfähig. Bei einer anderen Person mit dem gleichen Leiden, die zuvor Pflegefachfrau war, liegt der Fall anders. Sie kann unmöglich ihren bisherigen Beruf weiter ausüben. Hier wird berücksichtigt, welches Einkommen die Person vor dem Gesundheitsschaden erzielt hat, und welches sie im Anschluss an Eingliederungsmassnahmen (z.B. eine Umschulung zur Sozialarbeiterin) wieder erzielen kann. Aufgrund dieses Einkommensvergleichs berechnet die IV den Invaliditätsgrad. Abhängig von der Höhe des Invaliditätsgrads besteht allenfalls ein Anrecht auf eine IV-Teilrente.

Wenn Ihr Patient aufgrund gesundheitlicher Probleme seine Arbeit im bisherigen Beruf oder – als Nichterwerbstätiger – in seinem gewohnten Aufgabenbereich nicht mehr oder nur noch teilweise erfüllen kann, so liegt für den Moment eine Arbeitsunfähigkeit (vollständig oder teilweise) vor.

Bleibt Ihr Patient aber aufgrund der gesundheitlichen Probleme, auch nach medizinischer Behandlung in seinen Erwerbsmöglichkeiten für alle Tätigkeiten eingeschränkt, so spricht man von Erwerbsunfähigkeit (teilweise oder vollständige).

Von einer Invalidität spricht man dann, wenn die Erwerbsunfähigkeit voraussichtlich bleibend oder langandauernd ist. Minderjährige sind invalid, wenn die Beeinträchtigung ihrer Gesundheit voraussichtlich später eine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit zur Folge haben wird. Nichtberufstätige gelten als invalid, wenn sie sich nicht mehr wie bis anhin im bisherigen Aufgabenbereich betätigen können.

Hilflosigkeit liegt vor, wenn eine Person wegen gesundheitlicher Probleme im Alltag dauernd die Hilfe Dritter oder eine persönliche Überwachung benötigt, um grundlegende Handlungen des Alltags vollbringen zu können (z.B. sich an- und auskleiden, sich ernähren, Körperpflege, minimale soziale Kontakte pflegen).

Unter Eingliederung versteht man Unterstützungsmassnahmen, die dazu führen, dass jemand soweit als möglich trotz gesundheitlicher Einschränkungen erwerbstätig sein kann. Jemand wird als eingliederungsfähig bezeichnet, wenn er in der Lage ist, an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen. Eingliederungsfähig kann auch jemand sein, der im bisherigen Beruf teilweise oder ganz arbeitsunfähig ist.

Ihr Patient ist verpflichtet, alle nötigen Auskünfte zu erteilen und an allen zumutbaren Abklärungs- und (Wieder-)Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen und somit aktiv zum Erfolg der (Wieder-)Eingliederung beizutragen.

Ihr Patient muss sich einer zumutbaren medizinischen Heilbehandlung unterziehen, wenn diese geeignet ist, die Erwerbsfähigkeit bzw. die Fähigkeit, an beruflichen Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen, zu verbessern. Ein Rentenanspruch wird erst geprüft, wenn alle medizinischen Behandlungen sowie Eingliederungsmassnahmen zur Verbesserung der Erwerbsfähigkeit ausgeschöpft sind.

Die IV kann zur Verbesserung der Erwerbs- und Eingliederungsfähigkeit Ihres Patienten medizinische Behandlungen vorschlagen, jedoch nicht die Behandlungsmethode im Detail bestimmen. Dazu nimmt die IV-Stelle Kontakt mit Ihnen als behandelndem Arzt auf.

Zudem muss Ihr Patient jede Möglichkeit wahrnehmen, um eine seiner Invalidität angepasste zumutbare Erwerbstätigkeit zu finden, anzunehmen oder behalten zu können. Wenn noch eine Erwerbsfähigkeit vorhanden ist, muss er mögliche und zumutbare Umstellungen vornehmen, damit die verbliebene Arbeitsfähigkeit bestmöglich genutzt werden kann. Beispielsweise wäre denkbar, dass jemand, der bislang im Produktionsbereich tätig war, vermehrt logistische oder administrative Arbeiten übernimmt. Für eine selbständig erwerbende Person gilt es als zumutbar, eine unselbständige Tätigkeit aufzunehmen, wenn sie mit dieser im Gegensatz zur vorhergehenden selbständigen Tätigkeit trotz Einschränkung ein adäquates Einkommen erzielen kann.

Erfüllt eine versicherte Person die Mitwirkungspflicht nicht, so kann das den Leistungsanspruch vermindern oder gar aufheben.

Mit einem Arztzeugnis attestieren Sie dem Arbeitgeber Ihres Patienten Umfang und Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit. Für den Arbeitgeber ist es wichtig, dass Sie ein Arztzeugnis befristet ausstellen. Sie müssen im Arztzeugnis also angeben, zu wie viel Prozent Ihr Patient arbeitsunfähig ist, und bis wann dieses Attest gilt.

Ein Arztbericht hingegen ist auf die Fragestellungen der IV-Stelle ausgerichtet. Die IV-Stelle versendet dazu entweder einen standardisierten Fragebogen oder wendet sich, wenn es sich um einen laufenden Fall handelt, für den die grundlegenden Informationen bereits vorliegen, mit individuellen fallbezogenen Fragen mündlich oder schriftlich an Sie. Ihre Antwort bzw. das ausgefüllte Formular richtet sich an die IV-Stelle und enthält detaillierte Informationen zum Gesundheitszustand Ihres Patienten, den gestellten Diagnosen, den Behandlungsoptionen sowie dem Eingliederungspotential. Zudem enthält der Bericht eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen. Formulare für Arztberichte finden Sie hier.

Wenn Sie Ihren Patienten zur Früherfassung bei der IV-Stelle melden, können Sie bereits ein Arztzeugnis beilegen. Das ist aber nicht obligatorisch. Insbesondere kann das Arztzeugnis in dieser Situation belegen, dass Ihr Patient arbeitsunfähig oder von Arbeitsunfähigkeit bedroht ist.

Wenn Ihr Patient bei der IV seine formelle Anmeldung für IV-Leistungen einreicht (das kann nur er selbst oder seine gesetzliche Vertretung), kann er einen detaillierteren Arztbericht beilegen. Das ist nicht obligatorisch, trägt aber dazu bei, das Abklärungsverfahren der IV zu beschleunigen.

Mit der Unterzeichnung des Anmeldungsformulars gibt Ihr Patient der IV-Stelle die Vollmacht, alle Auskünfte und Unterlagen einzuholen, die sie für die Abklärung der Leistungsansprüche braucht. Gestützt darauf kann die IV von Ihnen als behandelndem Arzt z.B. auch einen Arztbericht verlangen.