Wichtige Begriffe rund um die Invalidenversicherung

Abklärung

Nach Eingang der Anmeldung prüft die IV-Stelle, ob die Anspruchsvoraussetzungen zum Bezug von Leistungen der IV erfüllt sind. Die IV-Stelle holt alle Auskünfte ein, die für die Abklärung des Gesundheitszustandes, der Erwerbs- und Ausbildungssituation oder der Tätigkeit im nicht entlöhnten Aufgabenbereich notwendig sind. Ein interdisziplinäres Team aus Fachpersonen der beruflichen Eingliederung, der Arbeitsvermittlung, der Abklärungsstellen, der Sachbearbeitung sowie Ärztinnen und Ärzten des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) usw. wirkt bei der Abklärung und der Entscheidfindung mit. Die IV-Stelle arbeitet mit den anderen betroffenen Sozial- und Privatversicherungen zusammen.

Akteneinsicht

Ihr Patient hat das Recht, bei der IV-Stelle Einsicht in seine Akten zu erhalten. Er kann bei der IV-Stelle seine Akten verlangen, die ihm zur Verfügung gestellt werden müssen. Sie als behandelnder Arzt haben kein solches Recht. Sie können sich die IV-Akten Ihres Patienten von diesem aushändigen lassen, falls er damit einverstanden ist. Oder Sie können sich vom Patienten eine Vollmacht ausstellen lassen, damit Sie die Akten in seiner Vertretung bei der IV-Stelle verlangen können.

Enthalten die Akten Gesundheitsdaten, deren Bekanntgabe sich für Ihren Patienten gesundheitlich nachteilig auswirken könnte, so kann die IV-Stelle vom Patienten verlangen, dass dieser einen Arzt bezeichnet, der ihm diese Gesundheitsdaten bekannt gibt.

Akzessorische Leistung

Taggelder sowie die Entschädigung für Betreuungskosten und Reisekosten bilden akzessorische Leistungen zu Eingliederungsmassnahmen. D.h. sie sind eine ergänzende Leistung zu den Eingliederungsmassnahmen. Der Anspruch wird je nach Leistungsart und individueller Ausgangslage ihres Patienten geprüft und kann deshalb unterschiedlich sein.

Merkblatt 4.05 – Vergütung der Reisekosten in der IV
Merkblatt 4.02 – Taggelder der IV

Anmeldung / IV-Anmeldung

Zum Bezug von Leistungen der IV müssen Ihre Patienten bei der IV-Stelle ihres Wohnsitzkantons eine Anmeldung einreichen. Für im Ausland wohnhafte Personen ist die IV-Stelle für Versicherte im Ausland zuständig.

Im Gegensatz zur Meldung zur Früherfassung kann die IV-Anmeldung nur durch Ihren Patienten selbst oder dessen gesetzliche Vertretung oder Behörden oder Dritte, die Ihren Patienten regelmässig unterstützen oder dauernd betreuen, erfolgen. Ihr Patient muss die Anmeldung zum Bezug von Leistungen eigenhändig unterzeichnen.

Arbeitsmarkt ausgeglichener

Der ausgeglichene Arbeitsmarkt ist ein theoretischer und abstrakter Begriff, der von einem Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nach Arbeit ausgeht. Der ausgeglichene Arbeitsmarkt dient der Abgrenzung der Leistungspflicht zwischen der Arbeitslosenversicherung und der IV. Er beinhaltet nicht reale, sondern hypothetische Arbeitsmöglichkeiten, welche der Arbeitsmarkt von seiner Struktur her, jedoch abstrahiert von den konjunkturellen Verhältnissen, umfasst. Er umfasst auch Nischenarbeitsplätze, also Stellen- und Arbeitsangebote, bei welchen gesundheitlich beeinträchtigte Personen mit einem sozialen Entgegenkommen vonseiten der Arbeitgebenden rechnen können.

Der Begriff wird in Art. 7 ATSG verwendet und beschreibt die Annahme, dass motivierte arbeitsfähige Personen im Arbeitsmarkt eine ihren Fähigkeiten entsprechende Anstellung finden können.

Arbeitsmarkt erster und zweiter

Als 1. Arbeitsmarkt wird der reguläre Arbeitsmarkt bezeichnet. Auf diesem Arbeitsmarkt bestehen die Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse der freien Wirtschaft. Im Gegensatz dazu versteht man unter dem 2. Arbeitsmarkt jenen, der geschützte Arbeitsplätze bietet.

Arbeitsunfähigkeit / Arbeitsfähigkeit

Eine Arbeitsunfähigkeit liegt dann vor, wenn ein Patient aufgrund gesundheitlicher Probleme in seinem aktuellen bzw. zuletzt ausgeübten Beruf oder Aufgabenbereich nicht mehr oder nur noch teilweise tätig sein kann.

Die noch bestehende Arbeitsfähigkeit (allenfalls in einer anderen beruflichen Tätigkeit; sogenannte Verweistätigkeit) ist anhand von Rahmenbedingungen (z.B. maximale Gewichtsbelastung, Vermeiden von Nachtarbeit, nicht stehen / sitzen, vermehrter Pausenbedarf etc.) zu definieren.

„Arbeitsunfähigkeit“ und „Erwerbsunfähigkeit“ sind nicht dasselbe.

Ein Beispiel:
Ein Maurer kann wegen Rückenproblemen seine bisherige Arbeit nicht mehr ausüben. Somit ist er zu 100 % arbeitsunfähig als Maurer. Es ist aus medizinischer Sicht aber möglich, dass er in einer anderen, körperlich weniger belastenden, beruflichen Tätigkeit voll arbeitsfähig ist. Erzielt er in einer neuen Tätigkeit dasselbe Einkommen wie als Maurer, ist er zwar in seinem Beruf als Maurer zu 100 % arbeitsunfähig, aber nicht erwerbsunfähig. Es resultiert keine Invalidität.

Arbeitsvermittlung

Die IV-Stelle unterstützt aktiv Jugendliche und Erwachsene, die aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkung Hilfe bei der Suche nach einer neuen Anstellung oder Ausbildung, oder bei der Aufrechterhaltung einer bestehenden Anstellung oder Ausbildung benötigen. Sie verfügt über ein dichtes Beziehungsnetz zu regionalen Arbeitgebenden und kann Ihre Patienten kompetent bei der Stellensuche unterstützen. Bei Bedarf wird Ihr Patient bei der Einführung am Arbeitsplatz durch eine Fachperson der IV-Stelle begleitet.

Arbeitsversuch

Mit einem Arbeitsversuch können Patienten, die über die entsprechenden Fähigkeiten verfügen, in einem Unternehmen im ersten Arbeitsmarkt über eine Dauer von bis zu sechs Monaten eine Erwerbstätigkeit erproben. Finanziell sind sie dabei durch ein Taggeld oder eine Rente der Invalidenversicherung abgesichert. Der Arbeitgeber kann somit seinerseits einen potenziellen künftigen Angestellten in der Praxis testen. Dabei geht er kein Risiko ein, da vorerst kein Arbeitsvertrag abgeschlossen wird und kein Lohn zu entrichten ist.

Die Eingliederungschancen Ihrer Patienten, die einen Arbeitsversuch absolvieren, können sich durch dieses gegenseitige Kennenlernen deutlich erhöhen.

Arztbericht

Ein Arztbericht richtet sich an die IV-Stelle und enthält detaillierte Informationen zum Gesundheitszustand Ihres Patienten, den gestellten Diagnosen und den Behandlungsoptionen. Zudem enthält er eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen. Für den Arztbericht gibt es verschiedene Formulare, welche die Fragestellungen vorgeben. In einem laufenden Fall mit bereits vorliegenden Vorinformationen und Berichten kann die IV-Stelle aber auch formlos einen Arztbericht anhand individueller, fallspezifischer Fragestellungen anfordern.

Arztzeugnis

Mit einem Arztzeugnis attestieren Ärzte dem Arbeitgeber des Patienten Umfang und Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit. Für Arbeitgeber ist es wichtig, dass der Arzt ein Arztzeugnis befristet ausstellt. Der Arzt muss im Arztzeugnis also angeben, zu wieviel Prozent der Patient arbeitsunfähig ist und bis wann das Attest gilt.

Siehe auch «Ressourcenorientiertes Eingliederungsprofil REP»

Assistenzbeitrag

Der Assistenzbeitrag richtet sich an Patienten mit einer Hilflosenentschädigung und hat zum Ziel, ihre Selbstbestimmung und Eigenverantwortung  zu fördern. Bezüger einer Hilflosenentschädigung sind bei den alltäglichen Verrichtungen (an- und auskleiden, aufstehen, sitzen, essen etc.) dauernd auf die Hilfe Dritter angewiesen. Möchten sie zu Hause leben, können sie unter bestimmten Voraussetzungen einen Assistenzbeitrag beziehen. Dieser ermöglicht es, eine Person anzustellen, die die erforderlichen Hilfeleistungen erbringt.

Merkblatt 4.14 - Assistenzbeitrag der IV

Ausgleichskassen

Die Ausgleichskassen sind Teil des Schweizer Sozialversicherungssystems. Sie sichern als öffentliche Organisationen der gesamten Schweizer Bevölkerung den Zugang zu den Grundleistungen der sozialen Sicherheit. Es wird unterschieden zwischen kantonalen Ausgleichskassen, Verbandsausgleichskassen und Ausgleichskassen des Bundes.

Die Ausgleichskassen haben im IV-Bereich insbesondere folgende Aufgaben:

  • die Mitwirkung bei der Abklärung der versicherungsmässigen Voraussetzungen;
  • die Berechnung der Renten, Taggelder und Entschädigungen für Betreuungskosten;
  • die Auszahlung der Renten, Taggelder, Entschädigungen für Betreuungskosten sowie, für Volljährige, die Auszahlung der Hilflosenentschädigungen.

Auskunftspflicht

Die in der IV-Anmeldung erwähnten Personen und Stellen (z.B. Arbeitgeber, Ärztinnen und Ärzte) müssen auf Anfrage der IV-Stelle alle Auskünfte erteilen, die für die Abklärung von Leistungsansprüchen erforderlich sind.

Auch die in der Anmeldung nicht namentlich erwähnten Arbeitgeber, Ärztinnen und Ärzte, Einrichtungen, die der ambulanten Krankenpflege durch Ärztinnen und Ärzte dienen, Apothekerinnen und Apotheker, Spitäler und andere Einrichtungen, Heilbäder, Versicherer und amtliche Stellen sind verpflichtet, alle notwendigen Auskünfte gegenüber der IV zu erteilen. Die versicherte Person ist über den Kontakt zu informieren.